1. Juni 2015
Europa wird oft auch als die „Wiege der Demokratie“ bezeichnet. Doch die Krisen der letzten Jahre sowie autoritäre Tendenzen in Europa und in einigen angrenzenden Regionen zeigen immer deutlicher, dass Demokratie auch hier keine Selbstverständlichkeit ist.
Es referieren und diskutieren Dr. Ulrike Guérot, Mag. Othmar Karas, Dr. Vedran Dzihic, Dr. Cengiz Günay sowie Dr. Peter Parycek. Das Forum wird moderiert von Univ.-Prof. Dr. Gudrun Biffl.
Eintritt frei
Anmeldung erbeten
Begrüßung und einleitende Worte
Univ.-Prof. Dr. Gudrun Biffl
Impulsreferat: Aktuelle Herausforderungen für die Demokratie in Europa
Mag. Othmar Karas, M.B.L., MEP
Referat: Demokratie in Südosteuropa in Gefahr – Sind soziale Protestbewegungen ein Heilmittel?
Dr. Vedran Dzihic
Viele Staaten im europäischen Südosten sind mit einer veritablen Krise der Demokratie konfrontiert. Autoritäre Tendenzen in Politik und Gesellschaft werden stärker, und die Demokratien sind nicht stabiler geworden. Bevölkerungen in Südosteuropa sind zunehmend frustriert mit dem Status Quo und tragen ihren Zorn auf die Straße. In den letzten Jahren sind wir Zeugen von zahlreichen Formen von sozialen Protestbewegungen in Südosteuropa geworden. Sie alle teilen eine Vision von besseren, weniger korrupten und gerechteren Gesellschaften. Können sie aber ein Heilmittel für die schwächelnde Demokratie sein? Sind sie gut genug organisiert, um eine politische Alternative für die korrupten und selbstherrlichen Eliten zu werden? Alternativen und neue Denkweisen braucht es jedenfalls, um Demokratien in Südosteuropa zu stärken und gegen den neuen Autoritarismus anzukämpfen.
Referat: „Beyond Social Movements“: Zwei Jahre nach den Gezi Protesten - Die Türkei vor den Wahlen
Dr. Cengiz Günay
Im Juni 2013 wurde die Türkei von den Gezi Protesten erschüttert. Nicht nur die türkische Öffentlichkeit wurde vom Grad der Politisierung einer als bis dahin unpolitisch empfundenen Jugend und deren Bereitschaft, für mehr Liberalismus auf die Straße zu gehen, überrascht. Die Proteste wurden durch die Polizei brutal niedergeschlagen und einigen AktivistInnen der Prozess gemacht. Die Gezi-Bewegung konnte sich in keine politische Kraft umwandeln. In der Folge wurde ein umfassendes Sicherheitsgesetz beschlossen, das die Möglichkeiten für Proteste und soziale Bewegungen stark einschränkt. Zwei Jahre danach steht die Türkei heute vor schicksalshaften Wahlen. Die Frage, ob die kurdische HDP ins Parlament einziehen wird, bestimmt zu einem Großteil, ob Tayyip Erdogan ein Präsidialsystem umsetzen kann oder nicht. Droht die Türkei in ein autoritäres System zu schlittern?
Referat: Demokratisierung durch Technologisierung? Digitale Agora oder Digitale Dystopie.
Dr. Peter Parycek
Technologische Entwicklungen haben immer wieder zu demokratischen Utopien geführt und zu dem Traum, die repräsentative Demokratie durch Überwindung von Raum und Zeit mit einer puren Form der Herrschaft durch das Volk zu ersetzen. Auch die Erfindung des Internets vor beinahe 50 Jahren hat Ideen vom herrschaftsfreien Raum und der absoluten Freiheit entfacht, bis hin zur direkten Demokratie, in welcher sich das Volk über die elektronische Agora selbst steuert und organisiert. Der Bereich des Informationszugangs hat die Vorstellungen vieler Theoretiker übertroffen, doch umso größer ist die Enttäuschung der Zivilgesellschaft über die Nutzung der partizipativen Elemente, der fehlenden Transparenz und der zunehmenden digitalen Überwachung der Lebensbereiche durch Staat und Wirtschaft. Endet das gedankliche Experiment der elektronischen Agora in einer digitalen Dystopie?
Impulsreferat: Europäische Demokratie in der Krise? Gibt es einen Ausweg aus der „Integrationsfalle“?
Dr. Ulrike Guérot
Podiumsdiskussion und Forum
Diskussionsleitung und Moderation: Univ.-Prof. Dr. Gudrun Biffl