Am 13. Juni 2018 fand im Haus der EU das Policy Forum – Shaping the Future of EU Environmental Policy statt, das einerseits Rückblick und Analyse des derzeit gültigen Umweltaktionsprogramms bot, andererseits aber auch schon einen Ausblick auf ein mögliches 8. gab. Seit Mitte der 70er Jahre orientiert sich die EU-Umweltpolitik an Aktionsprogrammen, in denen vorrangige Ziele festgelegt werden, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren erreicht werden sollen. Das aktuelle 7. Umweltaktionsprogramm (7. UAP) mit dem Titel „Gut leben, innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ wurde im November 2013 vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union verabschiedet und trat im Jänner 2014 in Kraft. Ziel des 7. UAP ist es, „den Beitrag der Umweltpolitik zum Übergang zu einer ressourceneffizienten, kohlenstoffarmen Wirtschaft zu intensivieren, in der das natürliche Kapital geschützt und gefördert sowie die Gesundheit und das Wohlergehen der BürgerInnen geschützt wird.“
Köstinger: Integration von Umweltbelangen in alle Politikbereiche notwendig
Bereits die inspirierende Keynote-Rede von Bundesministerin Köstinger, die eine Videobotschaft schickte, war ein vielversprechender Auftakt zur Veranstaltung: Sie betonte die Notwendigkeit zur Integration von Umweltbelangen in alle Politikbereiche und kündigte an, während der österreichischen Präsidentschaft jede Initiative in Bezug auf neue Umweltprogramme zu unterstützen. Insbesondere möchte sie das Thema Umweltaktionsprogramm auf die Agenda des informellen Umweltrates in Graz im Oktober bringen und bedankte sich beim Umweltdachverband und dem EEB für den Input, der jedenfalls in die MinisterInnen-Diskussion in Graz einfließen würde. Die Zukunft unseres Planeten für uns und unsere Kinder stünde auf dem Spiel.
Schomaker: Zukunft der europäischen Umweltpolitik muss Thema in der Öffentlichkeit werden
Auch die zwei weiteren SpeakerInnen der Einleitungssession, Astrid Schomaker von der EU-Kommission sowie Jock Martin von der Europäischen Umweltagentur EEA, betonten die Wichtigkeit von europäischen Umweltaktionsprogrammen. Astrid Schomaker sagte, dass diese zum einen in den Verträgen selbst vorgesehen seien und betonte, wie wichtig eine langfristige Perspektive für alle Beteiligten in Bezug auf Planung und Zuverlässigkeit sei. Neben vielen Politikbereichen, die umgesetzt oder auf den Weg gebracht wurden, wie zum Beispiel Kreislaufwirtschaftspaket, Einwegplastikverbot samt Plastikstrategie, Clean Energy Paket oder Biodiversitäts-Aktionsplan, sind andere Bereiche zu wenig betreut worden, wie Luftverschmutzung oder der ökologische Fußabdruck, samt KonsumentInnenverhalten und Ressourcenverbrauch. Andere Bereiche, wie eine nicht toxische Umwelt sind große Brocken, die erst angegangen werden müssten. Insgesamt sei die Umsetzung der Mitgliedstaaten oft mangelhaft. Schomaker wies auch darauf hin, dass erst die neue EU-Kommission Ende 2019 ein neues Umweltaktionsprogramm anstoßen wird können. Wichtig sei, dass die Zukunft der europäischen Umweltpolitik ein Thema in der Öffentlichkeit wird. Man könne gar eine „Road Show“ andenken, um dem Thema mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. In einer solchen Debatte müsse die internationale Dimension (Klimawandel, Verschmutzung der Ozeane, Verstädterung) Einfluss nehmen, sowie mehr auf die SDGs Rücksicht genommen werden, die uns einen ganzheitlichen Ansatz außerhalb der alten Strukturen und Silos vorgeben. Jock Martin betonte die Herausforderungen im Fiskal- und Finanzbereich und verwies auf interessante Entwicklungen zu nachhaltigen Finanzinitiativen.
Innovation führt zu Verhaltensveränderung
Auf der anschließende Paneldiskussion betonte Karl Vella vom World Business Council For Sustainable Development (WBCSD), dass es oft Unternehmen seien, die durch Innovation Verhaltensänderungen herbeiführen könnten, wie z. B. im Kreislaufwirtschafts- oder Finanzbereich, aber auch über das Steuersystem, Stichwort Taxonomy. Oft lege die öffentliche Wahrnehmung jedoch den Fokus zu sehr auf das Thema Klimawandel. Andere Bereiche wie Biodiversität würden dabei vernachlässigt, was zu einer falschen Hierarchie der Politikbereiche – die in Wirklichkeit eine Hierarchie der Wahrnehmung sei – führen würde. Es gebe noch unzählige Bereiche, die geregelt werden müssten.
Applaus erhielt Schomaker für ihr Statement, dass es nicht den KonsumentInnen überlassen werden dürfe, die „richtigen“ Produkte im Supermarkt zu finden, sondern dass es eine große Verantwortung der Unternehmen gebe. Auch die Bewertung von Unternehmen müsse überdacht werden – es könne nicht sein, dass einzig der Profit und Umsatz zähle. Alle SpeakerInnen betonten die „System Perspective“ eines zukünftigen Umweltaktionsprogrammes. Ganz wichtig wäre ein Fokus auf Lebensmittel, denn dieser Bereich beeinflusst viele andere wie etwa Gesundheit, Bodenverbrauch, Biodiversität, Landwirtschaft oder Transport und wirkt sich auch auf allgemeines KonsumentInnenverhalten und Lifestyle aus.
In drei parallelen Break-Outs zu Naturkapital, ressourceneffizienter, grüner und wettbewerbsfähiger, kohlenstoffarmer Wirtschaft sowie Gesundheit und Wohlbefinden im Zusammenhang mit Umwelt wurde eine Videomessage der Europaabgeordneten Sarbu präsentiert, die ebenfalls die Wichtigkeit von europäischen Umweltaktionsprogrammen betonte. Sie forderte ein neues, 8., Umweltaktionsprogramm nach 2020, das ambitioniert und breit aufgestellt sein müsste. Der Umweltschutz und der Schutz der Gesundheit der BürgerInnen stünden für sie an erster Stelle.
Auf der abschließenden Paneldiskussion mit Vertreterinnen aus vier EU-Mitgliedsländern, sprachen sich sowohl die finnische Vertreterin, Marina von Weissenberg als auch die Vertreterin Deutschlands, Julia Werner sowie jene Belgiens, Anne Saudmont, und Österreichs, Elisabeth Freytag-Rigler, für ein 8. Umweltaktionsprogramm aus. Dieses müsse konkrete Ziele und Zeitpläne beinhalten. Wichtig sei außerdem die öffentliche Kommunikation und Awareness-Raising sowie der Fokus auf die Implementierung und das Monitoren der Ziele. Thematisch würden die vier Behördenvertreterinnen das Hauptaugenmerk auf Konsum/Produktion, Boden, Klimawandel, Biodiversität, Luftverschmutzung, Lebensmittel und Urbanisierung legen.
Bernhard Zlanabitnig (EU-Umweltbüro und Vizepräsident EEB) und Julika Dittrich (Umweltdachverband) betonten, dass Österreich es in der Hand habe, EU-umweltpolitisch Geschichte zu schreiben und das 8. UAP auf den Weg zu bringen. Österreichs EU-Ratsvorsitz und die derzeitigen Verhandlungen zum EU-Budget (MFF) sind eine einmalige Gelegenheit dazu, die man nicht verstreichen lassen dürfe. Ansonsten könnte es zu spät sein. Daher sollte das 8. UAP ein Punkt der Tagesordnung am informellen Umweltrat in Graz am 29./30. Oktober sein.