9.-11.3.2015, Tutzing (D) / Im beginnenden 21. Jahrhundert zeichnet sich ein Zusammenfallen verschiedener Entwicklungen ab, welche Fragen nach einer grundlegenden Transformation des sozio-ökonomischen Regimes aufwerfen.
Globalisierung und Liberalisierung haben in den letzten Jahrzehnten zu Tendenzen der Konvergenz durch Aufholprozesse von Schwellenländern geführt. Aber abgesehen von der ökologischen Dimension der Verallgemeinerung Ressourcenintensiver Lebensstile sind Globalisierung und Liberalisierung auch von polarisierenden Asymmetrien im Aufbau von Vermögens- bzw. Gläubigerpositionen begleitet. Globalisierung und Polarisierungen werden weitgehende Nebenfolgen zugeschrieben: Kolonialisierung der Politik, damit verbundene Politikschwäche, krisenträchtige Tendenzen der Verselbständigung des Finanzsektors, Aushöhlung des meritokratischen Charakters kapitalistischer Gesellschaften.
Die digitale Revolution wirft die Frage auf: Muss die Rolle von Basisinstitutionen wie Privateigentum in der Wissensökonomie nicht neu durchdacht werden? Wie müssen Gesellschaften verfasst sein, über denen das Damoklesschwert vielleicht katastrophaler Klimaänderungen schwebt? Wie kann unter dem Schleier partiellen Nichtwissens über Klimadynamiken und deren Interaktion mit sozio-ökonomischen Prozessen vernünftig geplant und Politik gemacht werden?
Die Endlichkeit fossiler Ressourcen und Metalle führt dazu, dass diese Stoffe nicht mehr verfügbar sind, die eine Weiterführung bisheriger Produktionsweisen und Verallgemeinerung der Lebensstile ermöglichen würden. Es zeichnet sich also ab, dass für manche dieser Stoffe die Verfügbarkeit unter jene Grenze sinkt, die David Hume als moderate scarcity (und als zentrale Voraussetzung für die Basisinstitutionen der bürgerlichen Gesellschaft) bezeichnete. Droht ein Zustand absoluten Mangels?
Insgesamt beobachten wir gleichzeitig Tendenzen der Divergenz und Konvergenz, der Entknappung und Verknappung in den Bereichen Ökologie und Ressourcen, welche erstmals in der Menschheitsgeschichte die Frage nach den planetarischen Grenzen virulent werden lassen. Die Agenda dieser Tagung ist das Zusammendenken dieser unterschiedlichen Trends unter der Perspektive große Transformationen.
Auch in großen Transformationen wird nicht durchwegs falsch, was früher in der Ökonomie gültig war. Dennoch bestehen gute Gründe für die Vermutung, dass der herkömmliche Analyserahmen nicht ausreicht. Was brauchen wir zum Verstehen großer Transformationen? Was erbringt eine Sammlung und kritische Diskussion von Einsichten und Befunden zur Transformationsforschung?
Karl Polanyi hat in den Krisenzeiten des letzten Jahrhunderts die Herausbildung der kapitalistischen Marktgesellschaft als Große Transformation analysiert. Wir können während des laufenden Transformationsprozesses überlegen: Welche Änderungen von Regelsystemen und sozialen Gleichgewichten stehen im Lichte der angedeuteten Herausforderungen auf dem Plan? Welches sind die Grundzüge eines transformierten Spiels? Wie könnten entsprechende Änderungen zustande kommen?
Wir laden alle Interessierten sehr herzlich nach Tutzing ein. Neben Ökonominnen und Ökonomen gilt dies ebenso für Politologen, Soziologinnen sowie allen anderen, die an Fragen großer Transformationen interessiert sind. Herzliche Einladung auch zur Beteiligung am Call for Papers.
Tagungsteam: Dr. Martin Held, Tutzing | Prof. Dr. Gisela Kubon-Gilke, Darmstadt | Prof. Dr. Richard Sturn, Graz
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