Der Klimawandel ist mittlerweile in aller Munde. Die Bewegung „Fridays for Future“, die erstaunlich langen Atem zeigt, hat dazu wesentlich beigetragen. Doch Beine machen der Politik wohl eher die sich häufenden Hitzewellen, Starkregen und Hagelgewitter mit ihren wirtschaftlichen Kosten. Der Klimawandel ist auf einmal nicht mehr etwas Abstraktes, das in der Zukunft drohen könnte, sondern spürbare Realität. Und doch wäre es naiv anzunehmen, dass nun endlich gehandelt wird. Der Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft, dem Umbau unserer Mobilität, der Veränderung unserer Ernährungsgewohnheiten, unseres Reiseverhaltens, dem Ausstieg aus alten Kraftwerken wie alten Gewohnheiten stehen massive Widerstände entgegen. Warnungen vor Verboten, Schnellschüssen, neuen Steuern sind schnell bei der Hand. Freiwillig soll alles gehen – mit (noch) mehr Aufklärung und neuen Super-Technologien, wie die aktuelle Debatte um Wasserstoff zeigt. Den Elchtest wird die Klimapolitik erst bestehen, wenn sie es schafft, tatsächliche Begrenzungen um- und durchzusetzen.
Private Profite versus Gemeinwohlschaden
Barrieren gegen die Umsteuerung lauern auf mehreren Ebenen. Zwei Drittel des verfügbaren Erdöls müssten unter der Erde bleiben, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen. Dies entspricht einer gigantischen Wertvernichtung bei der Fossilindustrie samt nachgelagerten Bereichen. Da liegt es nahe, dass sich diese Branchen wehren und versuchen, mit „Gegenfakten“ den menschengemachten Klimawandel herunterzuspielen. Dass die Kosten des Nicht-Umsteuerns bedeutend größer sein werden, wie der britische „Stern-Report“ schon vor Jahren vorgerechnet hat, tangiert die Fossilindustrie nicht. Diese Kosten werden der Allgemeinheit aufgebürdet. Die NGO „InfluenceMap“ hat aufgezeigt, dass die Ölindustrie zuletzt mehrere hundert Millionen Dollar dafür aufgewendet hat, gegenüber dem Klimawandel zu beschwichtigen. Und die Politik argumentiert mit Jobverlusten – etwa in der Autobranche – und den sozialen Härten, die etwa eine CO2-Steuer mit sich brächte. Dass über den Klimabonus wieder Geld an die Menschen rückerstattet würde, wird dabei verschwiegen. Eine im Netz kursierende Karikatur zeigt Kinder, denen die Eltern das Smartphone weggenommen haben mit der Begründung, sie könnten es sich wegen der CO2-Steuer nicht mehr leisten. Schuld daran seien die Kinder selbst mit ihren Freitagsdemos. Mich erinnert das Bild an eine Karikatur aus den 1970ern, in der ein Energiekonzern warnte, ohne Atomkraft wäre nach den Abendnachrichten Schluss mit Fernsehen, weil der Strom nicht reiche.
Zum Autor: Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg und stellvertretender Vorsitzender des Entwicklungspolitischen Beirats der Salzburger Landesregierung
Quelle: Wiener Zeitung