Beim 8. Frühstücksgespräch der Initiative „Wachstum im Wandel“ war Dr. Willi Nowak, der Geschäftsführer des Verkehrsclubs Österreich, zu Gast und sprach zum Thema „Mobilität mit Zukunft – klimaschonend, gesund und effizient“. Im Anschluss an das Frühstücksgespräch nahm er sich Zeit für ein Interview mit der Initiative „Wachstum im Wandel“.
Ziel des VCÖ ist eine Mobilität, die verträglich zu Klima und Umwelt und sozial gerecht ist. Wie kann diese Art von Mobilität aussehen und wie kann dieses Ziel erreicht werden?
In Österreich beträgt der Anteil des öffentlichen Verkehrs 15-20%, über 80% macht der Individualverkehr aus. In Ballungsräumen ist der Anteil der Öffis entsprechend höher. Besonders in Wien ist der öffentliche Verkehr so gut ausgebaut, dass Fahrräder nicht wirklich aufkommen können. Aber auch im ländlichen Raum muss eine Grundversorgung an öffentlichen Verkehr sichergestellt werden. Es sollte jede Gemeinde in etwa alle 1-2 Stunden mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar sein.
Eine Initiative des VCÖ heißt „Mehr Öffis mit hoher Qualität“. Wie steht Österreich im internationalen Vergleich da? Gibt es regionale Unterschiede?
Österreich ist Europameister, was die gefahrenen Kilometer pro Fahrt im öffentlichen Verkehr anbelangt. Die Schweiz ist allerdings noch deutlich besser. In der Schweiz wurde eine Mindestanbindung aller Gemeinden vertraglich festgelegt. Österreich steht insgesamt aber sehr gut da. Natürlich gibt es regionale Unterschiede. Der ländliche Raum entwickelt sich entsprechend anders als der urbane Raum.
Die Automobilindustrie wird oft als wichtiger Wachstumsmotor für die österreichische Wirtschaft dargestellt. Bedeutet eine Reduktion des Autoverkehrs nicht auch einen Verlust an Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätzen? Kann die österreichische Wirtschaft auch mit einer umweltfreundlichen Mobilität punkten?
Die österreichische Automobilindustrie wird in einigen Jahrzehnten in der derzeitigen Form nicht mehr bestehen können. Der Markt an Autos ist in Europa einfach übersättigt. In Indien und China wird die Nachfrage in den kommenden Jahrzehnten stetig steigen, so dass die Hardwareproduktion von Karosserie etc. künftig ausgelagert werden dürfte. Es wird deshalb notwendig sein sich zu spezialisieren. Dies ist beispielsweise bei der Produktion von Schienenfahrzeugen schon passiert. Hier ist Österreich ebenso wie im Bereich der Spezialschienen oder Signalanlagen Weltmarktführer.
Das Wachstum der Anzahl und Größe von PKWs in Österreich bringt auch ein Wachstum an Konflikten durch weniger Platzangebot. Wie viel Wachstum können wir uns hier noch erlauben?
Seit 2003 ist die Zahl der Neuanmeldungen von PKWs im städtischen Raum rückläufig. Insgesamt stagniert die Zahl der Neuanmeldungen. Nur im ländlichen Raum nehmen die Anmeldungen noch zu. Man muss jedoch realisieren, dass Erdöl ein vergängliches Gut ist und sich bald nur noch wenige den Luxus Auto leisten können. Der öffentliche Verkehr muss deshalb noch stärker ausgebaut werden und auch im Individualverkehr muss mehr auf andere Energieträger gesetzt werden.
Das VCÖ sucht beim Mobilitätspreis 2014 vorbildliche und innovative Mobilitätsprojekte. Können Sie aus den Vorjahren interessante Projekte nennen?
Ein Beispiel ist das betriebliche Mobilitätsmanagement der Firma Thales. Der Betrieb hat bei der Übersiedlung nach Wien die Kosten für den öffentlichen Verkehr für alle 600 MitarbeiterInnen übernommen. Dafür gibt es keine Parkplätze mehr für die MitarbeiterInnen. Das Konzept ist auch bei den MitarbeiterInnen sehr gut angekommen. Ein weiteres positives Beispiel ist der Mikro-ÖV (öffentliche Verkehr) in Gemeinden. Hier fahren Shuttlebusse die wichtigsten Punkte in den Ortschaften ab. Diese Shuttlebusse haben sowohl einen ökologischen als auch einen sozialen Effekt. Für das VCÖ ist der Mobilitätspreis sehr wichtig.
Bild: (C) Rainer Rockenbauer / tatwort