Beim 7. Frühstücksgespräch der Initiative „Wachstum im Wandel“ war diesmal Dr. Stefan Giljum – Leiter der Forschungsgruppe „Nachhaltige Ressourcennutzung“ an der WU Wien – zu Gast. Das Thema des Frühstücksgesprächs war diesmal „Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch: Realität oder Illusion?“. Im Anschluss daran stellte die Initiative „Wachstum im Wandel“ Giljum einige Fragen.
Der zunehmende Wohlstand führte zu immer größeren Ressourcenverbrauch. Kann es ein Wirtschaftswachstum geben, das nicht auf mehr Ressourcenverbrauch basiert?
Bei der Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch muss man zwischen zwei Arten von Entkoppelung unterscheiden: Der relativen und der absoluten Entkoppelung. Bei der relativen Entkoppelung nimmt der Ressourcenverbrauch zwar ebenso wie das Wirtschaftswachstum zu, aber nur deutlich geringer als das Wirtschaftswachstum selbst. Bei der absoluten Entkoppelung sinkt der Ressourcenverbrauch, während die Wirtschaft wächst. Relative Entkoppelung tritt in vielen Ländern – darunter auch Österreich – auf. Absolute Entkoppelung hingegen gibt es nur in wenigen Ländern wie Deutschland, Japan oder Großbritannien. Zu beachten ist jedoch, dass der Ressourcenverbrauch wie im Fall von Japan oder Großbritannien ausgelagert werden kann. Dies bedeutet, dass das Konsummuster gleich bleibt, während die Produktion in andere Länder wie beispielsweise China ausgelagert wird. Im Fall von Deutschland zeigt sich allerdings, dass eine Umstellung auf andere Energieträger auch zur absoluten Entkoppelung führen kann.
Dem IPCC zu Folge bremst die Abkehr fossilen Brennstoffen das Wirtschaftswachstum nur um 0,06%. Warum ist der Umstieg auf erneuerbare und ressourcenschonendere Energieträger also nicht schon längst passiert?
Das ist eine gute Frage! Das liegt vor allem auch an vorherrschenden Machtverhältnissen. In etwa die Hälfte der zehn größten Unternehmen sind Ölfirmen, die einen extremen Einfluss haben und Teile der Wirtschaft bremsen. Das ist traurig, denn die Gesellschaft würde das nur marginal gebremste Wachstum nicht spüren, die positiven Auswirkungen wie die Reduzierung der Folgen des Klimawandels jedoch schon.
Bei der Betrachtung von Wirtschaftswachstum wird das BIP immer noch als wichtigste Maßzahl herangezogen. In letzter Zeit wurde dieser Index immer mehr kritisiert. Welche Alternativen können Sie nennen?
Bei der Beyond GDP-Debatte gibt es zwei Schienen: Der öffentliche politische Diskurs befindet sich seit einigen Jahren im Stocken, während Beyond GDP-Initiativen größeren Zuwachs erhalten. Eine mögliche Alternative ist beispielsweise ein umfassender Umweltindex, der auch Umweltschäden berücksichtigt
Sie sind Leiter der Forschungsgruppe „Nachhaltige Ressourcennutzung“ an der WU Wien. Was sind die Ziele Ihrer Forschungsarbeit?
In unserer Forschungsgruppe messen wir den Ressourcenverbrauch für alle Länder dieser Erde, in dem wir Indikatoren, Datenbanken etc. entwickeln und Modelle erstellen, die den Zusammenhang von Wirtschaft und Umwelt aufzeigen. Dadurch wollen wir den Ressourcenverbrauch besser verstehen und Lösungen finden, wie er minimiert werden kann. Informationen dazu erhalten Sie auf www.materialflows.net!
Bild: (C) Rainer Rockenbauer / tatwort