Im Rahmen des letzten Frühstücksgesprächs erörterte Dr. Margit Schratzenstaller-Altzinger die Konturen eines zukunftsfähigen Steuersystems und beantwortete nach dem Frühstücksgespräch Fragen von „Wachstum im Wandel“ zu diesem aktuellen Thema:
Die reichsten 5% der ÖsterreicherInnen besitzen mit 57,8% mehr als die Hälfte des Vermögens. Wie kann Vermögen gerecht verteilt werden? Kann dies durch eine Vermögenssteuer – wie derzeit gefordert – erreicht werden?
Die zunehmende Ungleichverteilung der Vermögen hat verschiedenste Gründe, die von Globalisierung über den technischen Fortschritt bis hin zu steuerlichen Gründen reichen. Neben anderen wirtschaftspolitischen Optionen, die an den unterschiedlichen Ursachen ansetzen, ist eine Vermögenssteuer eine Möglichkeit, um einer zu großen Ungleichverteilung der Vermögen entgegenzuwirken. In Österreich wäre ihre effektive Durchsetzung im Bereich der privaten Finanzvermögen aufgrund des Bankgeheimnisses allerdings kaum möglich. Selbst wenn es kein Bankgeheimnis gäbe, wäre eine Vermögensteuer zumindest im Bereich der Finanzvermögen nur schwer realisierbar, weil es dann vermehrt zu Steuerflucht kommen würde.
Die Ungleichheit nimmt in reichen Ländern stark zu. Wie kann dieser Tendenz durch Steuern entgegen gewirkt werden und welche Gründe gibt es für die Zunahme der Ungleichheit?
Mit Hilfe einer Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie einer höheren Grundsteuer und höheren Steuern auf Kapitalerträge könnte der wachsenden Ungleichheit von Einkommen und Vermögen entgegen gewirkt werden.
Die Auswirkungen des Klimawandels dürften der UNEP zu Folge 8,7 Billionen Euro kosten. Wie sieht ein zukunftsfähiges Steuersystem aus, das die Umwelt und das Klima schützt?
Steuern sind ein wichtiges umweltpolitisches Lenkungsinstrument. Sie können das Verhalten von Konsumenten und Produzenten beeinflussen und bringen dem Staat Einnahmen, die beispielsweise für Umweltschutz-Maßnahmen oder für die Senkung anderer Steuern mit negativen Wirkungen – wie etwa Abgaben auf die Arbeit – verwendet werden können. Allerdings ist der alleinige Einsatz von Lenkungssteuern nur begrenzt wirksam, weshalb sie in Begleitmaßnahmen, die Verhaltungsanpassungen der privaten Haushalte und Unternehmen (wie etwa Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur) eingebettet und durch weitere Regulierungsinstrumente (z.B. Gebote oder Verbote) ergänzt werden sollten.
Wie begegnen Sie dem Argument, dass die Steuerbelastung bereits hoch genug ist und keine weitere Belastung durch zusätzliche Umweltsteuern gewünscht wird?
Wenn zusätzliche Umweltsteuern gefordert werden, dann geht es nicht um die Erhöhung der Gesamtabgabenbelastung. Vielmehr sollten Umweltsteuern in ein Abgabenstrukturreformkonzept eingebaut werden, um eine so genannte doppelte Dividende zu erzielen: Einerseits positive Lenkungseffekte im ökologischen Bereich durch höhere Umweltsteuern, andererseits positive Beschäftigungseffekte durch die mit den zusätzlichen Umweltsteuereinnahmen gegenfinanzierte Senkung der Abgaben auf die Arbeit.
Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Umsetzung einer ökologischen Steuerreform noch immer nicht erfolgt ist?
Hierfür gibt es viele Gründe. Eine ökologische Steuerreform zielt auf die Reform der Steuerstruktur – eine Steuer wird erhöht, dafür wird eine andere im Gegenzug gesenkt – und ist daher eine relativ komplexe Angelegenheit – anders als eine Steuersenkungsreform, die einfach nur bestimmte Steuern und damit die Gesamtabgabenlast senkt. Außerdem fokussiert sich die öffentliche Debatte oft nur auf die angestrebte Erhöhung der Umweltsteuern und vernachlässigt die gleichzeitig geplante Senkung der Abgaben auf die Arbeit. Auch lässt sich der Nutzen höherer Umweltsteuern relativ schwer vermitteln, da es sich hier um positive, externe Effekte handelt, die man zudem oft erst in der Zukunft spürt.
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