Auto- und Gasindustrie, Forst- und Abfallwirtschaft, aber auch NGOs machen Druck auf die EU-Kommission, die nicht müde wird zu betonen, dass ihr Green Deal der “Motor für den Wiederaufbau” sei. Wie das den nächsten Langzeit-Haushalt beeinflusst, enthüllt Brüssel vielleicht schon im Laufe des Mai.
Die Aussicht auf milliardenschwere Konjunkturhilfen weckt erwartungsgemäß Begehrlichkeiten. Am Dienstag warb der europäische Verband der Gasproduzenten und -lieferanten Eurogas für die Förderung von Gas als “saubere Energie”, das zur Treibhausgasneutralität beitragen werde. Investitionen in eine “neue Generation von Gastechnologien” müssten ein integraler Bestandteil des europäischen Erholungsplans sein. Anderer Auffassung ist die Nichtregierungsorganisation Climate Action Network (CAN) Europe, die dafür plädiert, aus fossilen Energieträgern – auch Gas – rasch auszusteigen sowie EU-Investitionen in umweltschädliche, CO2– und ressourcenintensive Industrien zu beenden.
Ebenfalls am Dienstag präsentierten die europäischen Spitzenverbände für Automobilhersteller (ACEA), Zulieferer (CLEPA), Reifenhersteller (ETRMA) sowie für Händler und Werkstätten (CECRA) einen 25-Punkte-Plan, wie der europäische Automobilsektor aus der coronabedingten Krise geführt werden könne. Unter den Maßnahmen finden sich Kaufprämien – wie aktuell in Deutschland debattiert, aber auch Forderungen an die EU, Infrastrukturen für E-Ladestationen und alternative Kraftstoffe deutlich schneller auszubauen sowie Innovationen für ökologisch nachhaltige, klimafreundliche Mobilität zu fördern. Bereits im März hatten die Verbände die Kommission davor gewarnt, an der geplanten Verschärfung von CO2-Grenzwerten für Neuwagen angesichts der Coronakrise festzuhalten (EU-Umweltnews vom 30.03.2020).
Julia Poliscanova vom Umweltverband Transport & Environment (T&E) setzt dem 25-Punkte-Plan entgegen, dass die Erfahrung aus der Finanzkrise 2008/2009 gezeigt habe, dass Abwrackprämien lediglich eine Verschwendung von Steuergeldern gewesen seien. Statt Kaufprämien müsse der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor und der Einstieg in emissionsarme Antriebe besiegelt werden. Nachzulesen ist Poliscanovas Standpunkt in einem am Montag erschienen Op-Ed für das Nachrichtenmagazin EurActiv . Am Dienstag, 5. Mai wandten sich außerdem Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Forstwirtschaft in einem offenen Brief an die EU-Kommission. Darin sprechen sie sich für EU-Unterstützung für ein nachhaltiges Waldmanagement aus. Ein weiterer offener Brief erreichte die Kommission von führenden Verbänden der Abfall- und Recyclingwirtschaft, CEWEP, EuRIC und FEAD. Sie drängen auf finanzielle Hilfen für EU-Staaten, die Mühe haben, ihre Recyclingziele zu erreichen. Zudem müsse die Kommission die Arbeit am Öko-Design beschleunigen.
Ungeachtet dieser zahlreichen Forderungen wird die EU sehr viel Geld für die wirtschaftliche Erholung aufwenden müssen. Dass sich die durch COVID-19 ausgelöste Krise auf den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) auswirken wird, scheint unbestritten. Wie der Umweltinformationsdienst ENDS am Mittwoch berichtete, ist ein erster Entwurf an die Öffentlichkeit gelangt. Demzufolge sollen alle Programme mindestens zwei Billionen (2000 Milliarden) Euro an Investitionen und Ausgaben für den Zeitraum 2021-2027 generieren. Im MFR soll auch ein 300 Milliarden Euro schwerer, “temporärer und gezielter” Erholungsfonds enthalten sein. Spekuliert wird, dass die Kommission frühestens im Laufe der kommenden Woche ihrer Pläne für MFR und Wiederbelebungsprogramm enthüllen werde. Als ziemlich sicher scheint dagegen die Veröffentlichung der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 sowie der Farm-to-Fork-Strategie (Vom Hof auf den Tisch) für Mittwoch, den 20. Mai zu sein.
Quelle: Deutscher Naturschutz Ring