Der EU-Ausschuss des Bundesrats bekannte sich nun zum nachhaltigen Schutz der Wälder. Im Sinne des Weltklimas tue die EU gut daran, auch auf Entwicklungen außerhalb ihrer Grenzen zu achten. Allerdings dürften die durch Klimawandel beziehungsweise Monokulturen verursachten Waldschäden in Europa nicht übersehen werden. Zudem wurde die Einfuhr von billigen und nicht nachhaltig produzierten Erzeugnissen in die EU problematisiert. Auch billig gefälltes Holz aus anderen EU-Mitgliedstaaten setze die heimische Forstwirtschaft unter Druck.
Ein Experte des Nachhaltigkeitsministeriums versicherte dem Ausschuss, man wolle mit Förderprogrammen die heimischen ForstwirtInnen bestmöglich unterstützen, ohne in den Markt einzugreifen. Generell sei die EU bestrebt, durch Zertifizierungen nachhaltig hergestellte Produkte zu kennzeichnen und ihre Marktmacht für ein weltweites Umdenken zu nutzen. Der Experte ging damit auf die Feststellung ein, ob Länder außerhalb der EU ihre Wälder schützen wollten, sei wohl von deren „Good-will“ abhängig und von der Union kaum zu beeinflussen.
Ausgangspunkt der Debatte war eine Mitteilung der EU-Kommission über Pläne, gegen die globale Entwaldung vorzugehen. Dazu sollen vor allem Erzeugnisse aus entwaldungsfreien Lieferketten und die internationale Zusammenarbeit zur Wiederherstellung von Wäldern gefördert werden. Als weitere Prioritäten nennt Brüssel Partnerschaften mit den Erzeugerländern zur Vermeidung von Rodungen, die Neuausrichtung der Finanzierung nachhaltigerer Landnutzung sowie eine Verbesserung der Informationen über den Zustand der Wälder. Die Mitteilung enthalte noch kein endgültiges Konzept, so der Vertreter des Ministeriums mit Hinweis auf die baldige Ablöse der aktuellen EU-Kommission. Anhand der von der Kommission gesetzten Prioritäten für Schutz und Wiederherstellung der Wälder arbeite die Ratsarbeitsgruppe Forstwirtschaft aber derzeit an Schlussfolgerungen darüber.
Mit ihrer Mitteilung vom Juli 2019 reagiert die Kommission auf die andauernde weltweite Zerstörung von Wäldern. Zwischen 1990 und 2016 sei eine Waldfläche von 1,3 Mio. km² verloren gegangen, so die Kommission, das entspreche rund 800 Fußballfeldern pro Stunde. Dabei stellten die Treibhausgasemissionen aufgrund von Entwaldung die zweitwichtigste Ursache des Klimawandels dar. Eingedenk des Klimaabkommens von Paris und zur Existenzsicherung von mindestens einem Viertel der Weltbevölkerung müsse dem Schutz der Wälder oberste Priorität eingeräumt werden, unterstreicht die Kommission. Die EU sieht sich dabei in einer Vorreiterrolle, nachdem sie 2003 einen Aktionsplan gegen illegalen Holzeinschlag und -handel zur Umsetzung brachte. Das 2008 festgelegte EU-Ziel, den weltweiten Verlust von Waldflächen bis spätestens 2030 zu stoppen und die Bruttoentwaldung in den Tropen bis 2020 um 50% zu senken, werde man wohl kaum erreichen, räumt Brüssel ein. Die Kommission bekennt sich aber dazu, diese Zielsetzung weiter mit noch größeren Anstrengungen zu verfolgen.
Hauptantriebsfeder der Abholzungen sei die Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln, Biokraftstoffen, Holz und anderen Rohstoffen, erschließt sich aus dem Kommissionsdokument. Rund 80% der weltweiten Entwaldung gehe auf die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen zurück. Die EU will ihre Partnerländer daher unterstützen, die nachhaltige Nutzung der Wälder zu verbessern. Nicht zuletzt über Handelsabkommen sei dafür zu sorgen, dass land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse nicht zur Zerstörung von Waldgebieten führen. Bei diesem Punkt weist die Kommission in ihrer Mitteilung auf Kapitel in ausgehandelten Freihandelsabkommen hin, die Verpflichtungen zum Schutz von Umwelt und Artenvielfalt sowie zur Einhaltung der Pariser Klimaziele beinhalten würden. Die Erwähnung von Freihandelsabkommen wie jenes mit den MERCOSUR-Staaten ließ Bundesrat Schennach im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit nicht gelten. In seinen Augen steht dieser Handelspakt den Vorgaben der Mitteilung entgegen, wenn er auch „durch Österreichs Einspruch hoffentlich Geschichte ist“.
Nicht zuletzt in internationalen Foren wie der WTO oder der OECD soll der Förderung von entwaldungsfreien Erzeugnissen noch mehr Beachtung geschenkt werden, geht aus der Kommissionsmitteilung hervor. Die Förderung des Verbrauchs von Erzeugnissen aus entwaldungsfreien Lieferketten in der EU will die Kommission durch die Stärkung entsprechender Normen und Zertifizierungsregelungen und mit einer Nachhaltigkeitsstrategie für Unternehmen erreichen. Mit der Einrichtung einer Multi-Stakeholder-Plattform beabsichtigt die Kommission, den Dialog zwischen Interessenträgern und Mitgliedstaaten über Entwaldung, Waldschädigung und die nachhaltige Erhöhung der Bewaldungsdichte weltweit zu forcieren
Knackpunkt Finanzierung
Zentral in der Umsetzung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung beziehungsweise einer nachhaltigen Wertschöpfungskette ist die Finanzierung. Die EU-Kommission möchte daher gemeinsam mit den Mitgliedstaaten sogenannte grüne Finanzmittel für Wälder mobilisieren, auch über private Geldgeber. Tatsächlich seien staatliche Unterstützungsleistungen zur Abfederung von Waldschäden häufig nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“ konkret bezogen auf Gelder aus dem österreichischen Katastrophenfonds.
Zur Verbesserung der Verfügbarkeit und Qualität von Informationen über Wälder und Lieferketten schlägt die Kommission die Einrichtung einer EU-Beobachtungsstelle für Entwaldung und Waldschädigung vor. Diese soll Veränderungen der weltweiten Bewaldung und damit verbundene Faktoren überwachen und messen, um dadurch zu nachhaltigerem Verhalten bei Produktion und Konsum zu motivieren. Letztere Überlegung wurde vom Ministeriumsvertreter jedoch kritisch kommentiert. Auf Ratsebene befürchte man hier Doppelgleisigkeiten mit bestehenden Institutionen auf diesem Gebiet, etwa unter dem Dach der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO.
Quelle: EU Umweltbüro