Der Agrar-Atlas ist ein europaweites Rechercheprojekt zur EU-Landwirtschaft. Anhand vieler Fakten und Grafiken wird klar belegt, dass es dringend eine sozial-ökologische Wende in Richtung Agrarökologie braucht.
Europa hat kulinarisch viel zu bieten: Mozzarella aus Italien, Bier aus Tschechien, Oliven aus Griechenland, Kürbiskernöl aus Österreich. Verschiedenste Spezialitäten aus unterschiedlichen Landschaften – so schmeckt Europa. Die Landschaften wiederum sind häufig ein Spiegelbild landwirtschaftlicher Nutzung. In Österreich verdanken wir ihr schöne Almen, Obst- und Weingärten im steirischen Hügelland und weit reichendes Grünland neben Salzburger Seen. Keine Frage: Wir alle wären ärmer ohne die Landwirtinnen und Landwirte, denn kein Sektor ist so stark mit der Kultivierung unserer Lebensräume verbunden wie die Landwirtschaft. Ändert sich die Landwirtschaft, ändern sich auch die ökologischen und sozialen Systeme im ländlichen Raum.
Und die Landwirtschaft verändert sich. Immer schneller und fast überall in Europa. In vielen EU-Ländern geben Betriebe auf. Die verbleibenden Höfe und Felder werden größer, jeder Fleck wird möglichst intensiv genutzt. Auch wenn die österreichische Landwirtschaft mit ihrem hohen Bioanteil und der vergleichsweise kleinstrukturierten Bewirtschaftungsweise eine Sonderstellung in Europa hat – auch sie bleibt von europäischen Entwicklungen nicht verschont. Die Veränderungen in der Landwirtschaft betreffen ganz direkt landwirtschaftliche Betriebe, aber sie betreffen uns auch alle – eben weil sie so eng mit unserer Ernährung, dem Klima, der Natur und den lebendigen ländlichen Räumen verbunden sind.
Der Wandel in der Landwirtschaft kann und sollte daher aktiv gestaltet werden. Einer der wichtigen Hebel, um das zu tun, ist die Gemeinsame Agrarpolitik (kurz GAP) der EU. Sie ist einer der ältesten europäischen Politikbereiche und mit knapp 40 Prozent des EU-Haushalts, knapp 60 Milliarden Euro jährlich, noch immer der finanziell am besten ausgestattete. Die EU-Agrarpolitik ist für Laien kaum zu verstehen. Viele wissen nicht einmal, dass es sie gibt. Geschweige denn, dass genau diese Politik Einfluss auf die Dinge hat, die vielen von uns so wichtig sind: gesunde Lebensmittel, der Schutz von Umwelt, Klima, Vögeln und Insekten und der Erhalt von kleinen und mittleren Betrieben. Darum gibt es diesen Atlas. Er zeigt, wie eng die EU-Landwirtschaft mit unserem Leben verbunden ist. Er zeigt auch, dass kaum etwas von dem Geld der GAP den Zielen zugute kommt, die sich Europäerinnen und Europäer von der Landwirtschaft wünschen.
Der Austausch zwischen Bäuerinnen und Bauern und „der Gesellschaft“ ist vielfältig: Erwartungen an regionalen Konsum und Anerkennung, beidseitiger Wunsch nach Fairness, und im besten Fall Respekt. Der Austausch ist aber nicht friktionsfrei: Was ist, sorgen sich Landwirtinnen und Landwirte, wenn das, was „die Gesellschaft“ fordert, sich für die Familie und den Betrieb nicht mehr ausgeht? Was ist, sorgen sich viele Menschen, wenn unser Wasser mit Pestiziden belastet wird, wir die letzten Flecken Natur im immer größeren Effizienzdruck zerstören? „Die
Landwirtschaft“ besteht aus vielfältigsten Familien und Betrieben, deren Arbeit Wertschätzung gebührt. Aber sie alle sind eingebettet in ein Agrarsystem, das Jahr für Jahr mit Milliarden Euro falsche Anreize setzt und am Ende weder ökologische noch soziale oder wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewährleisten kann. Auch das zeigt der Atlas: dass es vielen Landwirtinnen und Landwirten in diesem System selbst nicht gut geht. Es lohnt sich daher für alle Beteiligten, für eine bessere, grundlegend andere Agrarpolitik einzutreten. Wichtig ist, dass wir uns als Gesellschaft darauf einigen, welche Leistungen wir erwarten und welche wir gesellschaftlich bezahlen wollen. Landwirtschaft betrifft uns alle. Daher muss es allen Teilen der Gesellschaft möglich sein, darüber zu diskutieren. Dieser Atlas liefert dazu eine Grundlage. Er erscheint im Laufe des Frühjahres 2019 auch in weiteren fünf europäischen Sprachen und Länderversionen. Er ist das Ergebnis europäischer Vernetzung und soll die Debatte in möglichst vielen EU-Ländern stärken.
Den Agrar-Atlas gibt es unter folgendem Link gratis zum Download.